Pulled Pork

Wenn ihr mal richtig viel Zeit habt und einen Grund sucht das ein oder andere Bier zu trinken (und dabei beschäftigt auszusehen) dann kann ich euch nur Pulled Pork ans Herz legen. Es ranken sich viele Legenden um dieses BBQ Gericht. Ich schätze es liegt daran das den Leuten ziemlich viel Blödsinn in den Kopf kommt wenn sie die 16-24 Stunden auf ihr Fleisch warten.

Im Grunde genommen ist es aber recht simpel. Man mariniert Schweinefleisch und packt es bei 120 Grad auf den Smoker bis es 95 Grad Kerntemperatur hat. Dann wird es auseinandergerupft. Fertig.

Ihr wollt es ausführlicher? Na gut.

Die Wissenschaft:

Durch langes Garen bei niedriger Temperatur kommt es im Inneren des Fleisches zu einer chemischen Reaktion, die dazu führt dass sich das Kollagen in den Muskeln (Sehnen und Bindegewebe, also das was das Fleisch zusammenhält) zu Gelatine umwandelt. Gelatine ist schön weich und bei höherer Temperatur flüssig. Deshalb wird das Fleisch weich und fällt quasi auseinander. Gleichzeitig versucht man die Temperatur nicht über 100 Grad steigen zu lassen weil sonst die Flüssigkeit im Fleisch verdampfen würde. Das Fleisch wäre trocken.

Das Fleisch:

Obwohl es inzwischen komische Auswüchse wie Pulled Beef oder Pulled Salmon gibt (für die man in manchen Ecken der USA wahrscheinlich gehängt werden würde) ist der Klassiker aus Schweinfleisch. Genauer gesagt Pork Butt. Wer jetzt an Schinken denkt liegt falsch. Pork Butt ist übersetzt einfach Schweineschulter. Man kann aber auch Schweinenacken nehmen. Nacken ist etwas fetter und verzeiht daher Fehler besser. Allerdings habe ich das Gefühl das er dadurch auch länger garen muss. Üblich sind 2-3 Kilo schwere Stücke. Scheinefleisch ist wirklich billig und besonders diese beiden Stücke. Also tut mir und euch einen Gefallen und kauft keinen abgepackten Mist. Geht zum Metzger. Bestellt es vor. Am besten von einer älteren Rasse. Mein Favorit ist das Schwäbisch Hällische Landschein.

Die Marinade:

Wie immer beim BBQ macht man eine Trockenmarinade bzw. einen Rub. Wer will kann sich den Rub selbst mischen (siehe hier) aber ich kaufe mir meine inzwischen im Internet. Dort gibt es einige gute Hersteller die nichts anders machen als solche Gewürzmischungen. Ankerkraut kann ich empfehlen. Die Preise scheinen auf den ersten Blick hoch aber wenn man die kleinen Gewürzdöschen im Supermarkt kauft und selbst mischt kommt man definitiv teuerer (rechnet mal nach).

Das Fleisch wird zuerst mit einer Flüssigkeit eingerieben (normalerweise Öl oder Senf) damit der Rub besser daran klebt. Man braucht relativ viel Rub weil er später den Geschmack für das ganze große Stück Fleisch liefern muss.

Das Equipment:

Natürlich braucht man einen Smoker (siehe hier). Außerdem einen Kerntemperaturfühler den man von außerhalb der Grills ablesen kann (Meine Empfehlung Maverick ET-733). Man sollte nicht unterschätzen wie viel Kohle bei einem Pulled Pork drauf geht. Also immer genug Briketts von guter Qualität da haben (Meine Empfehlung Greek Fire). Außerdem habe ich immer große Aluschalen da. Praktisch für alles Mögliche.

Das Smoken:

Für jemanden der sich mit dem Smoker auskennt eigentlich kein Hexenwerk. Temperatur auf 120 Grad einstellen und möglichst genau halten. Dabei nie über 130 Grad kommen. Die Schwierigkeit ist allerdings die lange Garzeit. Wenn man einigermaßen zu normalen Uhrzeiten essen will muss man eigentlich schon am Abend vorher anfangen und sich die Nacht um die Ohren schlagen.

Meine Methode: Am Abend vorher ansmoken für 2 Stunden. Dann über Nacht in den Backofen bei 100 Grad (vorsichtshalber etwas weniger um übergaren und frühzeitiges Fertigwerden zu verhindern). Am nächsten Tag wieder auf den Smoker und auf 95 Grad bringen. Das Räuchern sollte aber immer am Anfang geschehen. Um so mehr das Fleisch gegart ist um so weniger Rauchgeschmack nimmt es auf. Außerdem wird es bei zu viel Rauch beinahe Schwarz. Geräuchert wird wie üblich mit gewässerten Räucherchips.

Das Mobben (Optional):

Mobben kommt ursprünglich von den Hogs. Das sind ganze Schweine (Schweine keine Spanferkel) die auf einem Metallgerüst über Feuer gesmoked werden. Diese hohe Kunst wird und wurde von den Pitmastern der Südstaaten perfektioniert. Sie tragen, um das Austrocknen des aufgeschnittenen Schweinebauchs zu verhindern, mit einem Wischmob eine Flüssigkeit auf. Daher der Begriff Mobben.

Man muss nicht mobben. Es geht sogar schneller wenn man es nicht tut, weil der Smoker zu bleibt. Allerdings kann man so eine zusätzliche Schicht Geschmack auftragen und verhindern das die Bark (So nennt man die Kruste) austrocknet. Ich benutze dazu eine Mischung aus 10 Teilen Apfelwein, 3 Teilen Ahornsirup und 1 Teil billigem Burbon Whiskey. Einfach in den letzten Stunden alle 60-90 Minuten einmal mit einem Pinsel auftragen.

Die Plateauphasen:

Plateauphasen sind Zeiten in denen die Kerntemperatur über längere Zeit gleich bleibt und teilweise sogar sinkt. Das passiert obwohl man alles richtig macht. Mit den steigenden Temperaturen verdunstet mehr und mehr Flüssigkeit im Fleisch und das kühlt es ab (Wie ein schwitzender Mensch). Bei bestimmten Temperaturen scheint es eher zu passieren als bei anderen. Diese Phasen kann es mehrfach geben (meistens so bei 70 Grad und nochmal bei 80 Grad) und sie können schon mal zwei Stunden dauern. Je nach Schwein variiert das stark. Motto: Keine Panik – Weiter nach Plan. Wenn man die Phasen umgehen will kann man das Fleisch bei 70 Grad straff in Alufolie einwickeln und bei 80 Grad wieder raus nehmen.

Die Zieltemperatur:

NIEMALS NIEMALS! NIEMALS!! versuchen das Fleisch zu essen bevor es nicht mindestens auf 90 Grad Kerntemperatur ist. Selbst wenn ihr euch zeitlich verschätzt habt und es bis Mitternacht dauert. Auch nicht die Temperatur erhöhen. Ihr werft sonst eure ganze Arbeit aus dem Fenster. Idealerweise wartet man noch etwas länger bis das Fleisch auf 93 Grad gekommen ist. Manche warten sogar bis 95 Grad. Höher sollte man aber nicht gehen.

Die Ruhephase:

Pulled Pork ist ein Geduldsspiel. Selbst wenn man ein Schwein endlich auf Temperatur hat muss man immer noch warten. Und zwar wickelt man das Fleischstück in Alufolie ein und lässt es 30 Minuten außerhalb des Grills ruhen. Länger geht auch aber dann in einer Kühlbox bzw in einem Backofen bei 80 Grad.

Das Pullen:

Ja tatsächlich kann man das Fleisch irgendwann “pullen”. Wenn es geruht hat in eine Schüssel oder Aluschale geben und mit zwei Gabeln zerpflücken. Je nach dem wo man in den USA is(s)t wird bei diesem Schritt das Fleisch mit verschiedenen Saucen vermischt. Die Sauce variiert dabei stark. In North Carolina wird eine Sauce benutzt die quasi nur aus gewürztem Essig besteht. In South Carolina macht man eine Sauce aus gleichen Teilen Senf, Essig und braunem Zucker. In Alabama bekommt man mit Essig und Meerettich versetzte Mayonnaise. In Deutschland habe ich bisher meistens gesehen das die Leute nichts untermischen und später herkömmliche BBQ Sauce dazu essen. Ich lasse es pur und überlasse es den Leuten wie sie es wollen. Einen Schuss Essig würde ich aber immer empfehlen.

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Die Beilagen:

Beim Pulled Pork ist man da eigentlich ziemlich schnell fertig. Gute getoastete Burgerbrötchen und Coleslaw. Sollte man keine anständigen Burgerbrötchen bekommen sondern nur den “XXXXXX Toast” Mist dann lieber normale Brötchen benutzen.

Das Sandwich:

Es gibt zwar Regionen in denen das Fleisch in Würfel geschnitten und dann als Tellergericht gegessen wird aber bei uns hat sich das Pulled Pork Sandwich eingebürgert. Das besteht aus einem getoasteten Burgerbrötchen, beladen mit Fleisch natürlich, einer Sauce nach Wahl und einer Portion Coleslaw.

1 Gedanke zu „Pulled Pork“

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